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Hauptkonferenz der 35. GFMK in Essen 2025 TOP 10.9: Bericht der Arbeitsgruppe „Arbeitsmarkt für Frauen“ Beschlüsse

Interner Bereich der GFMK

User: Search | 01.08.2025

Hauptkonferenz der 35. GFMK in Essen / 26.06.2025 - 27.06.2025

TOP 10.9: Bericht der Arbeitsgruppe „Arbeitsmarkt für Frauen“

  Beschluss:TOP 10.9 Bericht der Arbeitsgruppe „Arbeitsmarkt f
193 kB
Beschluss

Erstellt am:
21.07.2025 (13:35:49)
Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich grundsätzlich mit der Arbeitsmarktintegration von Frauen -
unter Berücksichtigung der Bedarfe spezieller Zielgruppen (wie z. B. Alleinerziehende, Frauen
mit Migrations- bzw. Fluchthintergrund), den frauenpolitischen Aspekten der
Fachkräftesicherung, der Berufsorientierung von Mädchen, der Begleitung und Bewertung der
für diese Themenbereiche relevanten Vorhaben des Bundes und der Europäischen Union einschließlich der Weiterentwicklung von ESF und EFRE. Darüber hinaus begleitet und bewertet die Arbeitsgruppe die Umsetzung und Entwicklung des SGB II und III.
Zudem setzt die AG folgende inhaltliche Schwerpunkte:
1. Transformation der Arbeitswelt unter besonderer Berücksichtigung der Herausforderungen für Frauen,
2. Abbau der Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern
3. Arbeitsmarktintegration geflüchteter Frauen,
4. Zeitsouveränität, Arbeitszeitmodelle, Wahlarbeitszeit: Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Sorgearbeit für Kinder und zu pflegende Angehörige (Federführung Berlin/Hamburg/Mecklenburg-Vorpommern),
5. Darüber hinaus ist ein kontinuierlicher Austausch im Rahmen der Arbeitsgruppe zu folgenden Themen von Bedeutung:
a. Prüfung der arbeitsmarktpolitischen Wirkung von Midi- und Minijobs (Federführung Berlin),
b. Begleitung und Bewertung der Reform des SGB II – insbesondere unter Berücksichtigung der Situation von Alleinerziehenden und von weiblichen
Erziehenden in den Bedarfsgemeinschaften

1. Transformation der Arbeitswelt unter besonderer Berücksichtigung der Herausforderungen für Frauen
Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich in diesem Zusammenhang vor allem mit der digitalen Transformation und ihrer Auswirkung auf den Arbeitsmarkt. Dabei wurde insbesondere die Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen in IT-Berufen und der Digitalisierungsbranche sowie die Stärkung von Frauen als Gründerinnen in der Digitalbranche im Allgemeinen in den Blick genommen. Grundlage für den Themenschwerpunkt war bislang u.a. die Digitalstrategie der Bundesregierung im Bereich „innovative Wirtschaft“, die für das Jahr 2025 einen deutlichen Anstieg des Frauenanteils von Beschäftigten in Informatik und digitaler Wirtschaft und einen höheren Anteil von Gründerinnen in der Digitalbranche erreichen soll: durch einen besseren Zugang zu Fördermitteln, mehr Vernetzung und weibliche Vorbilder. Darüber hinaus ist ein weiterer kontinuierlicher Austausch zu möglichen Quereinstiegsformaten sowohl im IT-Bereich als auch in weiteren männlich dominierten Arbeitsfeldern wie z.B. dem Handwerk geplant.
2. Abbau der Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern
Die GFMK AG „Arbeitsmarkt für Frauen“ hat sich im Berichtszeitraum 2024/2025 kontinuierlich mit der am 6. Juni 2023 in Kraft getretenen Entgelttransparenzrichtlinie (EU) 2023/970 beschäftigt. Diese ist innerhalb von drei Jahren in nationales Recht umzusetzen und zieht eine Novellierung des geltenden Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) nach sich. Die Arbeitsgruppe hat in diesem Zusammenhang den Beschlussvorschlag „Gender Pay Gap: Mehr Datentransparenz und Effizienz“ zu TOP 6.1 der 35. GFMK erarbeitet. Der Beschlussvorschlag enthält die Forderung an die Bundesregierung, im Zuge der Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie zeitnah einen Entwurf für ein grundlegend überarbeitetes Entgelttransparenzgesetz vorzulegen. Die Bundesregierung wird gebeten, in diesem Zusammenhang ein zentrales Datenportal zum Gender Pay Gap zu schaffen und im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie zu prüfen, ob ein derartiges Portal, das bundesweite, regionale, branchenspezifische sowie Daten auf Ebene der Bundesländer bündelt, von der in den Artikeln 9 und 29 der EU-10 Richtlinie geforderten Monitoringstelle als zusätzliche Aufgabe realisiert werden kann. Bis zur Umsetzung der Richtlinie wird die Bundesregierung zudem darum gebeten, differenzierte Sonderauswertungen der Bundesländer zum Gender Pay Gap auf einer zentralen Internetplattform der Bundesregierung zum Thema mitaufzunehmen, um die Transparenz bereits kurzfristig zu erhöhen. Da die Entgelttransparenzrichtlinie (EU) 2023/970 einen intersektionalen Ansatz empfiehlt und da Lohnungleichheit neben dem Geschlecht maßgeblich durch die Herkunft von Beschäftigten beeinflusst wird, wird die Bundesregierung gebeten, zukünftig das Merkmal Staatsangehörigkeit bei der Ausweisung des Gender Pay Gap zu berücksichtigen und damit eine differenzierte Betrachtung zu ermöglichen.
In der Frühjahrssitzung 2025 der AG stellte Frau Blönnigen von Information und Technik NRW (IT.NRW) den „Lohnatlas NRW“ vor. Der „Lohnatlas NRW – Lohn(un)gleichheiten sichtbar machen“ wurde vom nordrhein-westfälischen Gleichstellungsministerium in einem Kooperationsprojekt mit IT.NRW als Statistisches Landesamt erstellt und zum Equal Pay Day 2024 als digitales, interaktives Dashboard veröffentlicht. Für Nordrhein-Westfalen und die Regionen des Landes zeigt der Lohnatlas NRW differenziert nach verschiedenen Merkmalen (z.B. Wirtschaftszweige), wo Lohnungleichheiten zwischen Frauen und Männern bestehen und wo es mehr Lohngleichheit gibt. Der Lohnatlas NRW wird jährlich aktualisiert und laufend weiterentwickelt.
3. Arbeitsmarktintegration geflüchteter Frauen
Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich kontinuierlich mit der Integration geflüchteter Frauen in den Arbeitsmarkt. Die Frauen, die seit 2015 in Deutschland leben, sind noch lange nicht alle ins Erwerbsleben integriert. Durch weitere Fluchtbewegungen, zuletzt etwa aus Afghanistan, Westafrika und der Ukraine entstehen weitere Herausforderungen.
In der Herbstsitzung 2024 der AG hat Frau Spyrou, Leiterin des Referats Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen / IQ Hamburg, die Hamburger IQ-Studie „Faire Migration – Migrant-Gender-Pay-Gap“ vorgestellt. Die Studie aus dem Jahr 2023 hat Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit (Deutschland, EU 15-Staaten, EU 11-Osterweiterung, Drittstaaten sowie Asylherkunftsländer) untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Fachkräfte mit ausländischer Staatsangehörigkeit trotz gleichem Anforderungsniveau durchschnittlich weniger verdienen als deutsche Fachkräfte. Die Ergebnisse deuten zudem darauf hin, dass zusätzlich zum Merkmal Staatsangehörigkeit das Geschlecht Einfluss auf eine ungleiche Bezahlung hat.
4. Zeitsouveränität, Arbeitszeitmodelle, Wahlarbeitszeit: Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Sorgearbeit für Kinder und zu pflegende Angehörige
Die Arbeitsgruppe hat die Entwicklungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege auf Bundesebene weiter beobachtet. Der zweite Bericht des unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf vom 13. Juni 2023 enthält Empfehlungen für die verbesserte Ausgestaltung der Familienpflegezeit und die Einführung eines neuen Familienpflegegelds für häuslich pflegende Erwerbstätige (Lohnersatzleistung). Weitere Handlungsempfehlungen nehmen Pflegende, die in kleinen und mittelständischen Unternehmen angestellt sind, und die besondere Situation von Angehörigen und nahestehenden Personen, die sich um pflegebedürftige Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene kümmern, in den Blick. Am 16. Oktober 2024 fand im BMFSFJ eine Expertenanhörung des unabhängigen Beirates für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf mit dem Schwerpunkt „Vereinbarkeit von Pflege und Beruf in Unternehmen, insb. KMU“ statt, Die Ergebnisse sollen in den dritten Bericht des Beirates einfließen. Im Juni 2024 wurde der leitfaden zur Etablierung von betrieblichen Pflegelotsen veröffentlicht. Die neue Bundesregierung hat angekündigt, das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz zusammenzuführen, die Freistellungsansprüche flexibler zu machen und den Kreis der Angehörigen zu erweitern. Darüber hinaus soll geprüft werden, wie perspektivisch ein Familienpflegegeld eingeführt werden kann. Diese Entwicklungen werden von der AG weiterverfolgt.
In der Herbstsitzung 2024 hat Frau Höring vom Berliner Frauenbund 1945 e.V. die Fachstelle für Vereinbarkeit des Projekts KOBRA vorgestellt. Die Fachstelle „Vereinbarkeit Beruf | Familie | Pflege“ bei KOBRA informiert über rechtliche Regelungen und entwickelt individuelle Lösun-gen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf gemeinsam mit den Ratsuchenden. Neben Personen mit Fürsorgeverantwortung berät die Fachstelle auch Fachkräfte und Multiplikator*innen sowie Personalverantwortliche und Führungskräfte in Betrieben und Unternehmen zur Umsetzung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Fürsorgeverantwortung.
Sachsen hat in der Frühjahrssitzung 2025 der AG die Teilzeitstudie „Teilzeit(falle)?! Echte Wahlfreiheit für Lebens und Arbeitsmodelle“ präsentiert. Die Studie kombiniert qualitative und quantitative Methoden, um detaillierte Einblicke in die Motive von Teilzeitbeschäftigten in Sachsen zu erhalten. Zudem wird das zusätzliche Arbeitskräftepotenzial abgeschätzt, das sich aus den Arbeitszeitwünschen der Teilzeitbeschäftigten im aktuellen Status Quo sowie unter veränderten Rahmenbedingungen ergibt. Abschließend liefert die Studie praxisorientierte Handlungsempfehlungen, die zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine Erhöhung des Erwerbsumfangs auf politischer und betrieblicher Ebene beitragen sollen.
5. Prüfung der arbeitsmarktpolitischen Wirkung von Midi- und Minijobs
Die Arbeitsgruppe hat sich weiterhin mit den Auswirkungen der Reform der sog. Minijobs (geringfügig entlohnte Beschäftigung) und sog. Midijobs (Beschäftigung im Übergangsbereich) beschäftigt.
Seit den geänderten Regelungen zum 01.10.2022 in Bezug auf die Mini- und Midijobs sind die Verdienstgrenzen dynamisch an den bundesweit geltenden gesetzlichen Mindestlohn gekoppelt. Die Geringfügigkeitsgrenze für die Minijobbenden orientiert sich an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen (12,83 Euro/Stunde ab 01.01.2025) und beträgt aktuell durchschnittlich 556 Euro pro Monat; der jährliche Verdienst darf 6.672 Euro nicht übersteigen. Für Beschäftigungsverhältnisse im Übergangsbereich liegen die Arbeitsentgelte aktuell im Bereich von 556,01 Euro bis 2.000 Euro monatlich.
Insbesondere Minijobs tragen zu sozialer und wirtschaftlicher Unsicherheit bei und sind außerdem anfällig für Schwankungen und Krisen, die den Arbeitsmarkt treffen. Minijobs sind ein umstrittenes Instrument innerhalb der deutschen Arbeitsmarktpolitik und schaden langfristig gesehen der Präsenz von Frauen am Arbeitsmarkt. Einer aktuellen Studie zufolge verdrängen sie allein in kleinen Betrieben bis zu 500.000 sozialversicherungspflichtige Stellen. Anders als erhofft, bilden sie zudem nur selten eine Brücke in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
Die 35. GFMK greift deshalb mit einem gesonderten Beschlussvorschlag erneut ihre Forderung an die Bundesregierung auf, ein umfassendes Konzept vorzulegen, das deutlich macht, wie die Umwandlung von Minijobs in reguläre, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gefördert werden kann.
Von der Reform bzgl. der Midijobs profitieren laut einer Studie des DIW Berlin vor allem Frauen, Alleinerziehende und Teilzeitbeschäftigte, da sie geringere Beiträge zur Rente und anderen Zweigen der Sozialversicherung zahlen, aber gleiche Ansprüche im Alter erlangen. Somit scheint die Regelung zur Vermeidung von Altersarmut dieser Gruppen beizutragen, was aus gleichstellungspolitischer Sicht grundsätzlich als positiv anzusehen ist. Allerdings ist ebenfalls festzuhalten, dass eine Abschaffung der Midijobs vor allem für Frauen, die drei von vier aller Midijobbenden ausmachen, Anreize setzen könnte, mehr Stunden zu arbeiten und dadurch sowohl höhere Stundenlöhne als auch ein höheres Gesamteinkommen zu beziehen. Das Armutsrisiko vor allem für Frauen während des Erwerbslebens und danach könnte somit reduziert werden. Ebenfalls könnte das Fachkräfteproblem damit einhergehend abgemildert werden. Als problematisch angesehen wird die Reform in Bezug auf Midijobs außerdem dahingehend, dass sie auch Personen mit mittleren und hohen Stundenlöhnen entlastet und somit wenig zielgenau ist.
Es bleibt daher festzuhalten, dass die Reformen eher strukturelle Probleme auf dem Arbeitsmarkt verstärken. Das gilt besonders in Bezug auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Die Entwicklung ist insbesondere für Frauen problematisch, da sich dadurch das Risiko für geringe soziale Sicherheit und berufliche Instabilität erhöht.
Neben den genannten Schwerpunkten beschäftigte sich die AG im Berichtszeitraum auch mit der Situation von Alleinerziehenden. Hierzu wurde in der Frühjahrssitzung 2025 eine Studie des Instituts für Arbeit und Wirtschaft aus Bremen vorgestellt, die auch bundesweite Daten enthält. Das Thema soll – verbunden mit den in der Studie entwickelten Handlungsempfehlungen – in der kommenden Sitzung wieder aufgegriffen werden.
Ausblick
Die nächste Sitzung der Arbeitsgruppe findet im November 2025 statt. Die AG beabsichtigt, ihre Anstrengungen hinsichtlich Vernetzung und Datenbasis kontinuierlich weiter zu verstärken. Der jährliche Austausch mit dem BMFSFJ wurde 2023 durch die AG erfolgreich reaktiviert. Ein weiterer Termin zum Bund-Länder-Treffen ist nach 2024 auch für November 2025 wieder in bewährter Verbindung mit der Herbst-Sitzung der AG angesetzt.


 


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